1999 ff. martin hufner, |
In den Welten und vor allem dazwischenDer Zitherspieler Robert Zollitsch kennt keine BerührungsängsteAls ich Robert Zollitsch das erste Mal traf, war es auf dem internationalen Folk- und Tanzfestival in Rudolstadt, da gehörte er für mich wie so viele aus dieser Branche in die Ecke des naiven Exoten. Und dann spielte er auch noch Zither, ein Instrument, welches durch Benutzung in zahlreicher volkstümelnder Musik ohnehin problematisch war. Dieses schiefe Bild wurde unmittelbar korrigiert, als ich ihn spielen hörte. Da war ein musikalisches Engagement entwickelt, das gegen den gegenwärtigen musikalischen und lyrischen Beliebigkeitsbrei Position bezog, ohne abgedroschene und antrainierte Rhetorik wiederzukäuen. Ob nun die musikalischen Einflüsse aus Bayern oder der Mongolei stammten, war bedeutungslos. Da war nun einer auf der Bühne, mit einer Präsenz und einer genau definierten Freundlichkeit. Im Gespräch beim Frühstück am nächsten Morgen verdichtete sich dieses Bild. Da saß kein weltabgewandter Mensch neben mir, sondern einer, der sich immer am Ort befand und selbst auf meine manchmal recht verquirlten Fragen ernsthaft-schmunzelnd einging. Er ist schon ein besonderer Mensch, der Robert Zollitsch. Den Weg zur Zither fand der 1966 in München geborene Robert Zollitsch auf folgende Weise:
Diese unorthodoxe Haltung zur Musik, die sich früh ausbildete, hat Robert Zollitsch bis heute durchgehalten. Das Spektrum seiner Auseinandersetzung mit Musik reicht vom 17. Jahrhundert bis zum Jazz, von Bayern über Tibet bis in die Mongolei. Robert Zollitschs Beziehung zur Musik ist keinesfalls nur praktischer Natur. Anfang der 90er-Jahre bot sich ihm die Möglichkeit innerhalb eines Stipendiums des Deutschen Akademischen Austauschdienstes das Spiel der chinesischen Zither „Guqin” in Shanghai zu studieren und auch musikästhetischen, -soziologischen und -theoretischen Fragen nachzugehen.
Die Erforschung anderer Musiksprachen interessiert ihn auch weiterhin. Dabei geht Robert Zollitsch nicht wie ein akademischer Musikethnologe vor, sondern wie ein Musiker, der höchste Ansprüche an die musikalische Qualität stellt. Auch diese Haltung hebt ihn aus dem Verständnis eines bloßen Weltmusik-Liebhabers heraus. Er produzierte 1997 eine CD mit tibetischer Volkmusik, weil er das Gefühl hatte, es wäre schön, auch tibetische Volksmusik (und nicht nur die weltweit verbreitete Tempelmusik) Musikhörern vor allem im Westen bekannt zu machen. Kontakt und VerstehenRobert Zollitsch entspricht damit überhaupt nicht dem Bild des dilettierenden Weltmusikers, der sich vor lauter Staunen schnöde an eine x-beliebige Kultur der Welt anbiedert. Im Gegenteil, seine Annäherung ist höchst rational. Rational in dem Sinn, dass fürs Musikmachen, Musikhören und Musikverstehen nicht nur emotionale Fähigkeiten bedeutsam sind. Hier sieht Robert Zollitsch Defizite und Probleme nicht nur bei Annäherungen an fremde Musikkulturen, sondern auch in der uns umgebenden abendländischen.
Sich auf dem Musikmarkt zu platzieren ist für Robert Zollitsch keine Frage des Marketings. Auch in dieser Hinsicht greift sein Denken und Machen tiefer in den Katalog einer Kulturkritik, als es die oberflächliche Tempogesellschaft für gewöhnlich tut:
In seiner letzten CD „Zwiefach” ist diese ungewöhnliche Haltung unmittelbar zu spüren. Diese Musik ist lebendig gewordene Erfahrung eines Menschen, dem von früher Kindheit an das Suchen, Staunen, Denken und Spielen von und mit Musik mehr ist, als Tagesbegleitung oder exotisches Rauschen. Martin Hufner CD-Veröffentlichungen:Shesh (1993), Zanskar – Solos und Duos für Zither (1994), Tal Nutag mit Urna Chahar-Tugchi (1995), Crossing – musikalische Begegnungen von Mongolei, China und Europa (1997), Hödööd mit Urna Chahar-Tugchi (1999), Traditional Music from Tibet (als Poduzent) (1999), Zwiefach – solo (2000) Robert Zollitsch im Internet: http://www.urna.de |
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